Freitag, 18. Juni 2010

Innerer Reichsparteitag



Ab 1939 gab es wegen des Krieges keine Reichsparteitage mehr. Aber die festliche Stimmung, die wohl an diesen Parteitagen große Teile des Volkes wirklich ergriffen hatte, blieb im Gedächtnis haften, verklärte sich in der Erinnerung, vor allem bei den echten Nazis.
Wenn einem ein Ereignis besonders gut gefallen hatte und man deswegen in ausgezeichneter Laune war, sagte man dann wohl: „Das ist mir ein innerer Reichsparteitag!“ Ich habe diese Redewendung in der Nazizeit oft gehört; sie wurde volkstümlich, wurde schließlich gedankenlos gebraucht und bedeutete dann nicht mehr als etwa der Satz: „Das ist ein Gefühl wie zweimal Weihnachten“ oder: „...wie Weihnachten und Ostern zusammen“. Auch in den Jahren nach dem Krieg blieb sie im Sprachgut lebendig. Vielleicht um 1975 kam mir der Ausdruck vom inneren Reichsparteitag zum letzten Mal zu Ohren, diesmal jedoch von einem wirklichen „alten Nazi“, meinem Lehrerkollegen B., der in der Nazizeit „Stammführer“, also ein höherer HJ-Führer gewesen war, wovon er manchmal schwärmte: „Das waren noch Zeiten!“

Schaefer; Karl: Die Holzschale der Kahns – Erinnerungen aus meiner Kindheit im Dritten Reich, im Krieg und in der Nachkriegszeit. S. 14 -15

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